Gespräch der Pfarrerinnen Chatrina Gaudenz und Eva Rüsch
Ende Juni hören Eva Rüsch und Chatrina Gaudenz auf, im Kirchenkreis zwei als Pfarrerinnen zu amten. Wegen der Corona-Restriktionen wissen wir im Moment nicht, ob wir ihr Abschiedsgottesdienst wie geplant am 14. Juni am Hauriweg gefeiert werden kann oder nicht. Deshalb haben sich die beiden Pfarrerinnen enstchlossen, Sie bereits jetzt in ihre Vorbereitungen für diesen Abend einzubeziehen.
Chatrina Gaudenz: Wenn ich über Wege nachdenke, auf denen wir in unserem Leben unterwegs sind, kommt mir der Prophet Elia in den Sinn. Er geht lange Wege. Und einmal läuft er bis ans Ende seiner Kraft, legt sich unter einen knorrigen Wacholder und sagt zu sich selbst: «Es ist genug!»
Eva Rüsch: Dieses Wort «genug» habe ich in letzter Zeit oft gehört. Im Sinn von: Es reicht! Keine Besuche, eingeschränkte Freiheiten, finanzielle Sorgen. Es ist genug, das Mass ist voll; manchmal können wir einfach nicht mehr – wie Elia.
Chatrina Gaudenz: Zum Glück geht die Geschichte im ersten Buch der Könige weiter. Genug kann nie genügen, singt Konstantin Wecker einmal… Gott schickt Elia einen Engel, der ihn fürsorglich und bestimmt unterstützt. Der Engel sagt zu Elia: «Steh auf und iss!»
Eva Rüsch: Nachbarinnen und Nachbarn, Kinder, Freiwillige haben sich in den vergangenen Wochen als Engel gezeigt: «Kann ich für dich einkaufen? Bleib du daheim. Ich erledige das für dich.» Dabei war auch manchmal eine Portion Bestimmtheit nötig… Der Engel sagt: «Du hast einen weiten Weg vor dir!» Wie bei Elia liegt wohl ein langes Wegstück vor uns, das uns zurück in die Normalität führt. Gleichzeitig weckt dieser Satz in mir den Wunsch, dass ein Engel am Wegrand von uns allen steht.
Chatrina Gaudenz: Wo führt Dich Dein Weg denn jetzt hin? Verrätst Du mir das?
Eva Rüsch: Er führt mich in die Nähe von Winterthur, eine Gegend, die mir wohl vertraut ist. Dort werde ich in einem Alterszentrum als Seelsorgerin tätig sein und freue mich sehr darauf! In genau diesem Heim habe ich übrigens als Studentin während den Semesterferien in der Pflegeabteilung gearbeitet. Und Du?
Chatrina Gaudenz: Ich bleibe in der reformierten Kirchgemeinde Zürich. Ich bin als Pfarrerin im Kirchenkreis sieben acht nominiert, wo ich auch jetzt bereits amte. Du, Eva, aber bevor Elia seinen Weg fortsetzt, stärkt der Engel ihn. Er stellt ihm geröstetes Brot und einen Krug voll frisches Wasser vor die Nase. Mir gefällt das. Was nimmst Du mit auf Deinen Weg?
Eva Rüsch: Wegzehrung! Davon habe ich in Wollishofen, im Kirchenkreis zwei viel bekommen. Einen ganzen Korb voll guter Begegnungen mit engagierten Menschen und eine tolle Zusammenarbeit wie mit den Sigristinnen und Sigristen. In meinen Korb packe ich verschiedenste Erfahrungen, die mir auf meinem weiteren Weg als Pfarrerin weiterhelfen. Besondere Freude bereiteten mir jeweils gemeinsam durchgeführte Gottesdienste wie am Ewigkeitssonntag, oder auch das Trauercafé Horizont. Dafür sage ich allen in der Kirchgemeinde DANKE!
Chatrina Gaudenz: Ich wünsche Dir von Herzen viel Glück! Die Wegzehrung von Elia übrigens – ein Bissen Brot und ein Krug voll Wasser, halten ihn 40 Tage und 40 Nächte lang bei Kräften und das mitten in der Wüste! Das muss eine ganz besondere Wegzehrung gewesen sein: Brot des Lebens? Wasser des Lebens? Das Leben selbst? Was meinst Du?
Eva Rüsch: Halt, halt! Wir sind bereits am Ende des Artikels. Chatrina, ich schlage vor, dass wir dieses Gespräch an unserem Abschiedsgottesdienst fortsetzen.
In der Hoffnung, dass wir einander dann als Gemeinde wiedersehen, freuen wir uns herzlich, wenn Sie am 14. Juni mit dabei sind!

Tamar war zur Zeit Elias ein wichtiger Grenzübergang, bevor man in die Wüste Richtung Sinai aufbrach. Es ist nicht ausgeschlossen und wäre gar nicht überraschend, wenn Elia seine letzte Nacht, bevor er in die Wüste ging, hier verbrachte.
Elia am Horeb (1. Buch der Könige 19, 4 ff.)
Elia aber ging hin in die Wüste eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter. Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf und iss! Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. Und der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir. Und er stand auf und ass und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.